Valle de Elqui
Pisco Elqui
Wir fuhren aus dem wolkenbehangenen, kalten La Serena mit dem Bus ins das 120 km lange Elqui-Tal, welches sich von der Pazifikküste bis zu den Anden erstreckt und vom gleichnamigen Fluss Elqui gespeist wird. Dieser verwandelt das Tal in eine grüne Oase, welches umgeben ist von kahlen, mit Kakteen und Sukkulenten behangenen Hügeln und Felsen.
Der Wetterbericht prognostiziert für heute einen wolkenfreien Tag im Elqui-Tal, für uns bisher nicht vorstellbar. Nach 30 Minuten Busfahrt klarte sich der wolkenverhangene Himmel auf und die Sonne schien uns mit voller Kraft in das Gesicht, von jetzt auf gleich, als ob eine Trennwand zwischen La Serena und dem Elqui-Tal besteht. Je weiter wir ins Tal fuhren, desto grüner wurde die Vegetation. Große bewirtschaftete Ackerflächen mit gut gedeihenden Jungpflanzen zierten das Landschaftsbild. Selbst die Anzahl an Bäume stieg rasant, sodass man gar von einem kleinen Wald sprechen konnte.
Nach etwa 40 km fuhren wir an dem 720 ha großen türkisblauen Puclaro-Stausee vorbei, der Schmelzwasser aus den Anden speichert und zur Bewässerung des Elqui-Tals dient. Die Vegetation der bewirtschafteten Plantagen änderte sich zu Mandarinenbäumen, Granatapfelbäumen und den ersten Weinreben. Wir fuhren durch die Kleinstadt Vicuña, die wir auf der Rückreise noch besichtigen wollen. Der Straße folgend bogen wir an der nächsten großen Kreuzung auf die Straße der Sterne, die Ruta de las Estrellas, die uns ins Herzstück des Tales zur kleinen Ortschaft Pisco Elqui führte.
Ursprünglich unter dem Namen La Unión bekannt, wurde das kleine Oasendorf 1936 nach dem gleichnamigen Traubenschnaps Pisco umbenannt, um die internationalen Herkunftsrechte des damals bereits berühmten Pisco zu erlangen. Grund dafür war der seit Jahrzehnte hinweg andauernde Streit zwischen Chile und Peru um die Herkunft des Piscos, welcher in beiden Ländern das Nationalgetränk ist. Heute ist das Elqui-Tal das Kerngebiet für den Anbau der Moscateltraube in Südamerika, die dem Pisco seinen bekannten Geschmack geben. Über mehrere Kilometer entlang des Tales bis hoch in die Berge reichen die Weinberge. Das Gelände wurde aufgrund des Anbaus der Weintrauben über die letzten Jahre immer weiter privatisiert, sodass viele Wanderwege und Aussichtspunkte nicht mehr erreichbar sind. Wir haben daher nur einen kleinen Spaziergang machen können. Nichtsdestotrotz hatten wir einen herrlichen Blick auf das grüne Tal mit seinen vielen Weinreben gehabt.
Am Schluss des Spaziergangs sind wir im Nachbartal Los Nichos herausgekommen. Von dort aus ging es entlang der Hauptstraße wieder zurück nach Pisco Elqui. Auf dem Weg dorthin haben wir die Pisco-Destillierie Doña Josefa entdeckt, die wir besichtigt haben. In der Destillerie wird der Pisco noch nach traditioneller Art und daher per Hand gemacht, selbst das Pressen der Weintrauben und auch das Abfüllen und Etikettieren der Flaschen findet manuell statt. Zum Abschluss des informativen Grundgangs gab es sogar eine Pisco-Verkostung.
Den Abend haben wir in unserem wunderbaren Hostel mit einem Pärchen aus der Schweiz ausklingen lassen. Das Hostel war spirituell eingerichtet, was auf uns eine enorme Ruhe und Sorglosigkeit ausgeübt hat. Das Elqui-Tal ist generell für seine sagenhafte Ruhe und seine „good vibes“ bekannt, wodurch viele Aussteiger und esoterische Gemeinschaften hier leben. In einigen Berichten liest man sogar von kosmischen Energien und UFO-Sichtungen. Ob da auch der Pisco etwas mit zu tun hat, bleibt an dieser Stelle wohl offen.
Vicuña
Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen und trampten von Pisco Elqui bis Vicuña. Während der Fahrt sahen wir hoch oben am sonst kahlen Berghang eine riesige grüne Plantage. Unser einheimischer Fahrer erzählte uns, dass immer häufiger Avocadobäume angepflanzt werden, da sie im Vergleich zu Weintrauben einen höheren Umsatz bringen. Er selbst sieht dies aber sehr kritisch, da Avocadobäume extrem viel Wasser benötigen, deutlich mehr als Weintrauben. Das Tal ist zwar grün, aber auch nur weil es zwei Staudämme gibt, mit denen alle Plantage bewässert werden. Je mehr Avocadobäume angepflanzt werden, desto mehr Wasser wird benötigt. Und da das Elqui-Tal immer noch in einer Halbwüste gelegen ist, wird dies in Zukunft ein großes Problem darstellen.
Wir erreichten nach einer sehr informativen kleinen Autoreise Vicuña, die größte Stadt im Elqui-Tal. Vicuña ist der Geburtsort der Dichterin und Nobelpreisträgerin Gabriela Mistral, der ein eigenes Museum gewidmet ist.
Wir flanierten durch einen kleinen grünen Park, an dessen Ende das rote Wahrzeichen der Stadt, der Torre Bauer, steht. Im Park sahen wir ein Schild, auf dem die Lichtverschmutzung einzelner Lampenformen erklärt wurde. Gerade in dieser Region, mit ihren vielen Teleskopen, ist es äußert wichtig die Luftverschmutzung so gering wie möglich zu halten.
Vicuña wirkte auf uns gemütlich und entspannt, fast schon verschlafen, was aber wahrscheinlich daran liegt, dass wir uns nicht in der Hauptsaison befanden. Wir spazierten an einem veganen Restaurant vorbei, welches wir unbedingt ausprobieren mussten. Das Personal war so herzlich und das Essen einfach grandios. Frisch gestärkt entschieden wir uns dazu noch eine kleine Wanderung außerhalb von Vicuña zu machen, damit wir einen Überblick auf die Stadt und das Umland bekamen.
Da wir keine Wanderstöcke dabei hatten und das letzte Stück zum Gipfel dann doch steiler wurde und zudem in eine Stunde bereits die Sonne unterging, entschieden wir uns dazu am letzten Aussichtspunkt zu verweilen, um die letzten Sonnenstrahlen über Vicuña noch genießen zu können. Auf vier gegenüberliegenden Hügeln sind aus der Ferne weiße Objekte zu erkennen. Dies sind Observatorien mit den leistungsstärksten Teleskopen weltweit, denn in der dünn besiedelten Region befindet sich eine der reinsten und klarsten Atmosphäre auf der Welt. Mehrere astronomische Beobachtungseinrichtungen, darunter die Interamerikanische Sternwarte auf dem Cerro Tololo oder dem Mamalluca-Observatorium, welches vor Corona auch für die Öffentlichkeit zugänglich war, befinden sich im Elqui-Tal. Wir warteten gespannt den Sonnenuntergang ab und sahen wie ein Stern nach dem anderen am wolkenfreien Himmel aufleuchtet. Bald war der gesamte Himmel mit hellen Sternen bedeckt, so helle, dass sie uns den Weg zurück nach Vicuña zeigten. In Vicuña angekommen, nahmen wir den Bus zurück nach La Serena.