Südwest-Runde
Unsere 3-tägige Jeep-Tour, auch als Southwest Circuit bekannt, ging von der Küstenwüste Salar de Atacama bis zur Salzwüste Salar de Uyuni. Wir durchquerten einen Teil des Altiplanos, die Hochebene der Anden. Dieses Plateau erstreckt sich über knapp 170.000 Quadratkilometer im zentralen Südamerika vom Titicacasee im Süden Perus über 1000 km bis zum Norden Argentiniens und Chiles. Die durchschnittliche Höhe beträgt 3600 m.
Wir starteten in San Pedro de Atacama in Chile und fuhren durch den bolivianischen Nationalpark Eduardo Avaroa vorbei an rotbraunen Vulkanen, rauchigen Geysirfeldern, farbenfrohen Lagunen, sandigen Wüstenlandschaften, bizarren Felsformationen, schneeweißen Salzflächen und kakteenbewachsenen Inseln bis nach Uyuni in Bolivien. Eine der abwechslungsreichsten Touren, die man sich nur vorstellen kann.
Von San Pedro nach Villa Mar
Um 6:45 Uhr wurden wir von unserem Tourenanbieter aus unserem Hostel mit einem Sprinter abgeholt. Ãœber die Straße 27 ging es auf direktem Weg Richtung Grenze. Wir kannten die Straße bereits, denn exakt denselben Weg sind wir vor ein paar Tagen zum Vulkan Toco gefahren. Nur wenige 100 m weiter bogen wir, anstellen von rechts zum Toco, links zur Grenze zwischen Chile und Bolivien, Complejo Fronterizo Hito Cajón, ab. Wir reihten uns ein in die Schlange der weißen Sprinter. Diese erreichten wir bereits um 7:25 Uhr. Nur leider waren die Grenzer noch gar nicht da, denn sie fangen in der Regel erst 8:00 an zu arbeiten. Wir warteten also in der Kälte auf 4600 Höhenmeter in unserem unbeheizten Sprinter. Vor uns die Vulkane Licancabur und Juriques und hinter uns der Vulkan Toco.
Der Grenzübergang verlief reibungslos. Zuerst zeigten wir unseren Reisepass und ganz wichtig das PDI-Dokument, welches wir bei der Einreise nach Chile als Quittung bekommen haben und somit ziemlich schnell verbasselt werden kann. Ohne dieses Dokument bekommt man sehr große Schwierigkeiten bei der Ausreise, da man als illegaler Einwanderer nach Chile angesehen wird. Unsere 6-Gruppe hat aber alle Dokumente dabei, sodass wir recht zügig im Sprinter bis zur bolivianischen Kontrolle weiterfahren konnten, wo erneut die Papiere kontrolliert wurden.
Hier an der Grenze, dem südwestlichen Zipfel Boliviens, stiegen wir auf einen 7-Sitzer Jeep Toyota Land Cruiser (V8 Benziner) um, denn es geht jetzt weiter ins Altiplano, wo es nur Schotterpisten gibt. Die Jeeps werden in Japan extra für diese Regionen, mit ihren extremen Bedingungen, gebaut.
Laguna Blanca und Verde
Bevor es losging, gab es für uns noch ein Frühstück: Brötchen mit Käse und Wurst, Kekse und Kuchen sowie Kaffee und Tee. Gut genährt starteten wir in das erste Abenteuer, der Lagunentour oder auch Südwest-Route genannt, bei der wir an verschiedensten Lagunen vorbeifuhren. Den ersten Stopp machten wir an den beiden mineralischen Lagunen, Laguna Blanca und Laguna Verde, welche auf knapp über 4300 m direkt an den beiden dunkelroten Vulkanen Licancabur und Juriques liegen. Beide Seen fallen in der Mars ähnlichen Landschaft mit ihren leuchtenden Farben auf. Wie der Name schon verrät, ist die Laguna Blanca milchig-weiß. Dies resultiert durch Einschwemmungen von Mineralien wie zum Beispiel Calcium, Sodium und Borax. Die Laguna Verde liegt direkt in der Nähe der Laguna Blanca und ist über einen kleinen Fluss mit dieser verbunden. Der Mineralgehalt der Laguna Verde unterscheidet sich jedoch, denn in dieser ist vor allem Magnesium, Kalziumkarbonat, Blei und Arsen enthalten, welche zu der grünen Farbgebung führen. Je stärker der Wind über den See weht, desto mehr Ablagerungen werden vom Boden aufgewirbelt und desto dunkelgrüner wirkt der See. Da es bei uns windstill war, sah der See leicht grünlich, eher bläulich aus.
Desierto de Salvador DalÃ
Wir fuhren weiter durch die rotbraune Landschaft bis zur Salvador-DalÃ-Wüste (Desierto de Salvador DalÃ). Benannt wurde sie nach dem spanischen Maler Salvador DalÃ, aufgrund ähnlicher Felsformationen in dessen surrealen Werken. Die Wüste ist eine 110 km2 große Steinwüste. Großflächig verstreut ragen karge Felsen in unterschiedlichsten Formationen aus dem uns umzingelnden rotbraunen Sand hervor. Mineralische Ablagerungen von Eisen, Kupfer und verschiedener Sulfate sorgen für ein Farbenmeer in den umliegenden Bergen, die uns zum Staunen brachten.
Termas de Polques
Der Schotterpiste folgend erreichten wir zur Mittagszeit die Termas de Polques, eine 30°C heiße Süßwasser Lagune. Hier kann man ein Thermalbad auf über 4000 m nehmen. Verlockend sah das leicht dampfende Wasser für uns aus, wäre da nicht der eiskalte Wind, der uns dann doch davon abhielt in das knietiefe mineralhaltige Wasser zu gehen. Alternativ dazu entschieden wir uns dafür an dem dahinterliegenden See einen Spaziergang zu machen. Wir beobachteten verschiedene Vögel, die im Wasser nach Nahrung suchten.
Geysire Sol de Mañana
Nach dem Mittagessen, welches aus Kartoffelbrei, Gemüse und Hähnchenfilet bestand, fuhren wir zu den auf 4850 m gelegenen Geysiren Sol de Mañana, dem höchsten Geysirfeld der Welt. Diese Geysire gehören wie die Geysire El Tatio in Chile zur Vulkanregion Altiplano-Puna. Das Geothermalgebiet entstand durch die Reibung der amerikanischen Platte mit der südpazifischen Platte. Örtlich nicht weit entfernt von den Geysiren El Tatio, sahen diese Geysire doch anders aus. Es gab weniger Fumarolen, vulkanische Dampfaustrittsstellen, dafür hatten diese stärkere Ausgasungen von Wasserdampf und vulkanischen Gasen. Der in der Luft wehende Geruch nach fauligen Eiern, zeugte von Schwefelwasserstoff. Gräulich brodelnde Schlammlöcher formten abstrakte Muster in den Schlamm. Die hohen Temperaturen von über 200°C hielten einen in einem guten Abstand von den Schlammlöchern und Fumarolen, denn der Untergrund war schlammig und rutschig, sodass ein falscher Schritt einen in den kochenden Schlamm stürzen kann. So wirkten die Schlammlöcher irgendwie unheimlich und bedrohlich auf uns, wodurch man das Gefühl hatte sich ihnen gar nicht zu sehr nähern zu wollen. Für ein paar witzige Fotos haben wir trotzdem Zeit gehabt.
Laguna Colorada
Beeindruckt von diesem Naturschauspiel aus brodelnden Schlammlöchern und nebligen Dämpfen fuhren wir weiter zur Laguna Colorada. Aufgrund der vorherrschenden Minerale und Algenart hat die Lagune eine rotbräunliche Färbung und wird daher auch Laguna Roja genannt. An den Rändern befinden sich weiße Ablagerungen vom Mineral Borax. Die Lagune ist reich an Plankton, wodurch es hier viele rosafarbene Flamingos gibt. Drei Flamingoarten haben sich hier angesiedelt, die Chileflamingos, die Andenflamingos und die Kurzschnabel Flamingos. Über einen angelegten, kleinen Weg konnten wir die rote Lagune aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, welcher jedes Mal zu einem anderen Rotton führte.
Die Laguna Colorada war unser letzter Stopp für heute. Wir fuhren weiter zu unserer Unterkunft in Villa Mar. Nach etwa einer Stunde Fahrt änderte sich die karge, sandige Landschaft. Immer häufiger sahen wir größere gelb-grünliche Sträucher.
Die Sonne ging so langsam unter und verwandelte den Himmel in ein Meer aus Pastelfarben. Wir fuhren bergab und ließen die roten Vulkane hinter uns. Vor uns erstreckten sich die Bolivianischen Anden. Neben den Vulkanen sahen sie viel rauer aus. Die Farbe ist nicht mehr rot, sondern grau mit weißen Zipfeln auf ihnen.
Villa Mar
Müde kamen wir nach 2 Stunden Fahrt an unserer Unterkunft in Villa Mar an, welches immer noch über 4000 m liegt. Viel sind wir heute nicht gelaufen, aber dennoch fühlen wir uns kaputt und erschöpft. Empfangen wurden wir mit salzigen Cracker und Keksen, sowie heißem Wasser für Tee und Kaffee in einem mit bunten Farben geschmückten Esszimmer. Zum Abendessen gab es eine heiße Gemüsesuppe und Rindfleisch mit Quinoa, der original in Bolivien angepflanzt wird. Uns wird empfohlen direkt eine warme Dusche zu nehmen, denn das Wasser wird draußen in Tanks tagsüber durch die Sonne erhitzt. Demzufolge gibt es am Morgen kein warmes Wasser. Heizungen gibt es ebenfalls nicht in den Schlafzimmern. Dafür aber 5-6 Lagen dicker Decken, die so schwer sind, dass man sie kaum bewegen kann. Wir freuen uns aber dennoch darüber, denn draußen sind Temperaturen im Minusbereich.
Trotz einer sehr guten Akklimatisierung in den letzten 3 Wochen mit mehrmaligen Aufenthalten von weit über 4000 m und auch der Besteigung des 5604 m hohen Vulkans Toco hat Katja am Abend mit Kopfschmerzen zu kämpfen. Dies zeigt uns, dass eine noch so gute Akklimatisierung keinen Einfluss auf den tagesaktuellen Gemütszustand hat. Es gibt Tage, an denen es einem gut geht und Tage, an denen es einem unter exakt denselben Bedingungen schlecht gehen kann. Etwas, das wir für unsere zukünftigen Hochtouren im Hinterkopf behalten werden.
Von Villa Mar nach Colcha K
Nachdem gestern der Tag der Lagunen war, war heute der Tag der Felsen bzw. Felsformationen. Wir starteten den Tag mit einem Pancake- Frühstück. Dann wurden mit gezielten Handgriffen von Jugo unsere Rucksäcke unter einer roten Plane auf den Jeep befestigt, währenddessen wir noch Fotos von den Lamas, die direkt an unserer Unterkunft grasten, machten.
Valle de las Rocas
Wir fuhren weiter durch die rote, pflanzenarme Landschaft zu dem Valle de las Rocas, das Tal der Felsen. Das Highlight sind hier die Felsformationen, die durch Wind erodiert wurden und dadurch unterschiedliche Formen annahmen. So besuchten wir den Copa del Mundo, ein Felsen, der hoch hinausragt und aussieht wie der Weltcup-Pokal. Für uns sah er eher wie ein Kopf aus Stein aus. Egal aus welcher Richtung wir schauten, entdeckten wir Gesichter. Nicht weit entfernt von hier befindet sich das Camello de Piedra, ein Kamel aus Stein. Einfach nur beeindruckend, welche spektakulären Skulpturen die Natur erschaffen hat.
Rocas Volcánicas
Nur wenige Autominuten entfernt, besuchten wir die Rocas Volcánicas, die durch Lava der nahegelegenen Vulkane entstanden sind. Durch Verwitterung und Wind wurden die Felsen über Jahrtausende hinweg erodiert. Die vielen Rillen und Löcher in den Felsen ermöglichten uns das Hinaufklettern, wodurch man einen herrlichen Ausblick auf die vielen Felsformationen hatte. Jugo, unser Guide, erzählte uns, dass Bolivien erst vor 20 Jahren für Touristen eröffnet wurde. Vorher hatten Touristen keinen Zutritt zu diesem Land. Eines Tages traf wohl ein Einheimischer einen Fahrradfahrer zwischen den Felsformationen und fragte ihn, was er denn hier machte. Dieser antwortete, dass er sich verirrt hat. Auf die Frage, wo er denn herkommt, sagte dieser aus Italien. Seitdem werden die Rocas Volcánicas auch Ciudad Perdida Italia, die verlorene italienische Stadt, genannt.
Laguna Negra
Fasziniert von den spektakulären Felslandschaften fuhren wir weiter zur Laguna Negra. Auch dort begleiteten uns einzigartige Felsen, die die Lagune von ihrer Außenwelt abschotteten. Die Lagune erreichten wir durch einen kleinen Spaziergang entlang des Flusses vom Parkplatz aus. Wir gingen an vielen unterschiedlich farbigen Lamas vorbei, die in der Mittagssonne entlang des grünen Flusstales genüsslich grasten. Wir stiegen die Felsen hinauf und erblickten die dunkelblaue Lagune umzingelt von Felsen. Versteckt in den gelbgrünen Gräsern, die am Ufer der Lagune wuchsen, hörten wir die endemischen, schwarzen Enten gackern. Jugo erzählte uns den bolivianischen Witz, dass die Enten es lieben, Touristen auszulachen. Und tatsächlich tun sie es mit einem sehr lustigen Gegacker, das dem menschlichen Lachen sehr ähnlich ist. Unverkennbar hört man dieses Lachen der Enten über den ganzen See schallen. Eine weitere endemische Tierart ist uns an der Lagune über den Weg gehoppelt, welches zur Familie der südamerikanischen Nagetiere gehört. Der niedliche, kaninchenähnliche Viscacha. Dieser gehört zur Gattung der Chinchillas.
Die Lagune kann man über die Felsen einmal umrunden und von dort im Nachbartal einen zum Teil eingefrorenen Fluss wieder zurück zum Parkplatz folgen. In den dortigen Steinhäusern aßen wir zu Mittag an einem Steintisch. Es gab Kartoffelauflauf mit Ei und Gehacktes sowie Gemüsereis mit Thunfisch und verschiedenem Gemüse.
Cañon del Rio Anaconda
Nach dem Mittagessen fuhren wir zum Alota-Cañon oder eher bekannt als Cañon del Rio Anaconda, zur Anaconda-Schlucht. Den Namen Anaconda bekam der Fluss aufgrund seiner extremen Mäandrierung, die an eine Schlange erinnert. Über Tausende von Jahren grub sich der Fluss immer tiefer in das Tal hinein und verursachte dadurch ebenfalls schlangenähnliche Felsformationen, die man als Aussichtsplattform nutzen kann, um in das tiefe, beeindruckende Tal hineinzuschauen.
Julaca
Vom Cañon del Rio Anaconda aus ging es zum Dorf Julaca, wo wir eine Pause für ein kühles, erfrischendes Getränk machten. In einem kleinen Laden konnten wir bolivianisches Bier mit Quinoa, Kaktus oder Kokablättern kaufen. Sorten, die es so in Europa nicht zu kaufen gab. Geschmacklich war das Bier mit Kaktus ziemlich herb, wohingegen das mit Quinoa sehr mild war. Das Bier mit Coca-Blättern schmeckte tatsächlich wie Gras. Wir saßen bei lauter Musik draußen vor dem Laden, tranken das Bier und schauten dem Treiben um uns herum zu.
Colcha K
Glücklich stiegen wir ein letztes Mal für heute in den Jeep. Begleitet von wunderbarer, entspannter, bolivianischer Musik fuhren wir durch das Altiplano. Je weiter wir nördlich fuhren, desto grüner wurde die Landschaft. Die kargen, rotbraunen, sandigen Flächen wurden mehr und mehr mit Gräsern bewachsen. Zunächst kleine und dann größer werdende Flüsse, mit zahlreichen Flamingos und Lamas, sorgten für grüne Berge um uns herum. Kurz vor dem Sonnenuntergang erreichten wir Colcha K, wo uns ein Salzhotel erwartete. Jeder einzelne Baustein in diesem Hotel wurde aus Salz hergestellt. Die Wände wurden außerdem mit Wandbildern aus Salz verziert, die die Fauna der Region widerspiegelten. Einfach einzigartig!
Zum Abendessen gab es frittierte Kartoffeln mit Würsten und Rindfleisch. Und als kleinen Bonus sogar eine Flasche bolivianischen Rotwein. Danach ließ es sich wunderbar in unserem Salzzimmer schlafen.
Von Colcha K nach Uyuni
Der heutige Tag steht im Zeichen des Salzes. Bereits um 5 Uhr klingelte der Wecker, denn wir wollten noch vor Sonnenaufgang die Salzwüste der Salar de Uyuni erreichen.
Mit knapp 11.000 Quadratkilometer Fläche besitzt diese die größte Salzpfanne der Welt und ist damit ganze viermal so groß wie Luxemburg. Vor 10.000 Jahren trocknete hier der prähistorische See Tauca stetig aus und hat so die großflächige, schneeweiße Salzpfanne entstehen lassen.
Mehrere Bohrungen konnten bisher noch nicht die exakte Tiefe der Salzkruste feststellen. Annahmen gehen aber von mindestens 220 m Tiefe aus. Unter der dicken Salzschicht liegt eines der größten Lithiumvorkommen der Welt, das auf 100 Millionen Tonnen geschätzt wird. Zusammen mit Chile und Argentinien verfügt Bolivien über mehr als die Hälfte der weltweit verfügbaren Lithiumreserven, auch bekannt als Lithiumdreieck. Der Abbau von Lithium, das auch als Öl der Zukunft bezeichnet wird, ist im Salar de Uyuni jedoch schwieriger als beispielsweise im benachbarten Chile. Der Hauptgrund dafür ist die Regenzeit von November bis April, die das traditionelle Verfahren in den Verdunstungsbecken größtenteils unmöglich macht. Daher hat der Lithiumabbau noch nicht in großen Mengen begonnen, was sich in Zukunft mit der Technologie der direkten Lithiumgewinnung (DLE) stark ändern könnte. Die mit der Regenzeit einhergehenden starken Niederschlägen, verwandel die Salzpfanne in einen See mit mehreren Dezimetern Wassertiefe. Die Seeoberfläche wird dann zum größten natürlichen Spiegel der Welt. Da die Verdunstungsrate vor Ort höher ist als die Menge an Regen, die während der Regenzeit in der Region fällt, trocknet der See in der Trockenzeit von Juni bis Oktober komplett aus und es entsteht eine schneeweiße Salzflächen mit einer unendlichen Anzahl von aus Salz geformten Polygonen.
Salar de Uyuni
Nachdem die Rucksäcke auf dem Jeep verstaut wurden, fuhren wir um 5:45 Uhr los. Es war dunkel und die Temperaturen waren im Minusbereich. Dick angezogen, setzen wir uns in den kalten Jeep. Ãœber uns ein sternenklarer Himmel mit einem tief stehenden, dünnen, zunehmenden Sichelmond. Die Milchstraße strahlte regelrecht über uns. Wir fuhren eine Stunde durch die endlose Weite der Salar de Uyuni, währenddessen so langsam die Sonne aufging und den Horizont in ein dramatisches, rotes Farbenmeer verwandelte. Als wir aus dem Jeep ausstiegen, zeigte sich die Schönheit in ihrer völligen Bandbreite. Zunächst in einem hellen Rot verwandelte sich die Salzkruste mit steigender Sonne allmählich in eine schneeweiße Oberfläche. Durch die extreme Kälte im Minusbereich hatten wir das Gefühl auf einem eingefroren See zu stehen. Mit jedem Schritt, den wir über die Salzkruste gingen, hörten wir ein Knirschen unter den Füßen. In welche Richtung wir auch schauten, waren in unterschiedlicher Größe und Formen die Polygone bis zum Horizont zu sehen. Wir blieben bis die Sonne so hoch stand, dass der Himmel sich in ein helles Blau verwandelte.
Isla Incahuasi
Fasziniert von dieser weißen Sinnlichkeit fuhren wir weiter über den Salar de Uyuni bis zu einer 100 m hohen Erhebung. Diese Erhebungen werden als Inseln bezeichnet. Besucht haben wir die Isla Incahuasi, das Haus der Inkas, welches als heilige Opferstätte von den Inkas genutzt wurde. Je näher wir fuhren, desto deutlicher erkannten wir die mehrere Meter hohen Kakteen, die über die gesamte Insel verbreitet waren. Voller Vorfreude strahlte Katja über das ganze Gesicht, wie ein kleines Kind, das sich über eine Tafel Schokolade freute. Wir stiegen aus und besichtigten dieses einzigartige, isolierte Ökosystem inmitten der ansonsten kahlen, weißen Landschaft. Es ist immer wieder beeindruckend, was die Natur alles erschaffen kann. Eine Kakteeninsel inmitten der endlosen, salzigen Wüste. Wir können es einfach nicht glauben. Die Insel besteht zum größten Teil aus Vulkangestein und verhärteten Korallen, welche noch aus der Zeit des Tauca Sees stammen. Es befinden sich mehrere kleine natürliche Tunnel- und Höhlensysteme auf dieser Insel. Die Leucostele atacamensis Kakteen wachsen pro Jahr etwa 1 cm und ragen mit einer stolzen Höhe von bis zu 10 m in Richtung Himmel hinauf. Es wird daher vermutet, dass diese Kakteen mehrere Hundert- bis Tausendjahre alt sind. Vom höchsten Punkt aus hatten wir einen grandiosen 360° Panoramablick auf den Salar de Uyuni. Ein Ende der 140 km langen und 110 km breiten Salzwüste war von hier aus nicht zu sehen.
Nach einem süßen Frühstück am Fuße der Isla Incahuasi fuhren wir Richtung Uyuni, welches noch 70 km entfernt von uns liegt. Dabei machten wir mehrere kleine Stopps. Eine kleine Fotosession durfte dabei natürlich nicht fehlen, sodass witzige Fotos entstanden sind.
Plaza de las Banderas
Den nächsten Halt machten wir am Plaza de las Banderas Uyuni, dem Platz der Fahnen. Das 2012 zum Nationaldenkmal ernannte bunte Fahnenmeer ragt in der weißen Kulisse leuchtend aus der Ferne hervor. Vertreten war die Flagge der Europäischen Union. Leider fehlte sowohl die deutsche als auch die ungarische Flagge.
Nur wenige Meter entfernt, befindet sich das Dakar-Denkmal. Ãœber 10 Jahre, von 2009 bis 2019, fand in Südamerika die bedeutendste Langstrecken- und Wüstenrallye der Welt, die Ralley-Dakar, statt. Ein Abschnitt verlief dabei über Uyuni und den Salar de Uyuni. Die Dakar förderte zum einen den Tourismus im Land, verursachte zeitgleich aber auch Schäden an archäologischen Stätten.
Am Plaza de las Banderas Uyuni gab es kleine Stände, die Kunsthandwerk und Getränke verkauften. Wir genehmigten uns ein gekühltes Bier der Region, Cerveza Uyuni. Der Verkäufer fragte noch grinsend, ob denn das Bier kalt genug sei, nachdem wir, dick eingepackt in unseren Jacken, das Bier in unsere Hände nahmen.
Colchani
Wir fuhren weiter zur kleinen Ortschaft Colchani, die am östlichen Ufer der Salar de Uyuni liegt. Als wir in dieses kleine Dorf fuhren, wussten wir noch nichts von ihrer großen Bedeutung. Die gesamte Straße war auf der linken und rechten Seite voller kleiner Verkaufsstände, die nur aus einem Blechdach und zwei Blechseiten bestanden. Sie verkauften Souvenirs aus Salz, kleine Talismane, gestrickte Pullover und Mützen und vieles vieles mehr.
Erst als wir in ein kleines Häuschen gingen, erfuhren wir, dass dieses Dorf die Heimat der größten Salzverarbeitungsgenossenschaft Boliviens ist. Hier wird noch per Hand das Salz aus der Salzwüste abgebaut und verarbeitet. Das Salz wird dazu auf kleine Haufen aufgeschüttet, wo dieses trocknen kann. Anschließend wird das Salz nach Colchani transportiert, manuell zerkleinert, gesäubert und in Tüten abgepackt. Rund 10 Milliarden Tonnen Salz soll es in der Salzpfanne geben, wovon jährlich 25.000 Tonnen in Colchani abgebaut und verarbeitet werden. Noch vor einigen Jahren wurde das Salz als Handelsware verwendet. Mehrere Lamakarawanen gingen rund 560 km bis nach Tarija, wo dieses zum Beispiel gegen Mais, Koka und anderen Waren eingetauscht wurde. Heute ist die Infrastruktur ausgebaut, weswegen das Salz nun von der Genossenschaft in Bolivien und Brasilien verkauft wird.
Cemeterio de Trenes
Die letzte Fahrt ging nach Uyuni, wo wir uns einen Friedhof für zahlreiche Dampflokomotiven und Wagons angeschaut haben, dem Cemeterio de Trenes. Die erste Eisenbahnlinie in Bolivien war von Uyuni nach Antofagasta und wurde 1899 in Betrieb genommen. Ausgangslage war, dass Bolivien im Jahr 1884 im Salpeterkrieg gegen Chile seine Küstenlinie verlor und damit zum Binnenstaat wurde. Chile gewährte aber Bolivien den zollfreien Zugang zu den Häfen von Arica und Antofagasta sowie den Bau einer Eisenbahnlinie. Diese diente dazu die abgebauten Silbererze aus der Huanchaca-Miene über Antofagasta in Chile nach Europa zu exportieren. Die Schienen wurden daher hauptsächlich für den Bergbau genutzt. Um das Bahnnetz weiter auszubauen, wurden Anfang des 20. Jahrhunderts aus Großbritannien weitere Züge importiert, um in Uyuni einen Knotenpunkt zwischen den umliegenden größeren Städten wie La Paz und Sucre, aber auch mit den chilenischen Hafenstädten zu erbauen.
Aufgrund von Konflikten und dem wirtschaftlichen Einbruch des Bergbaus war es Mitte der 1940iger Jahre nicht mehr rentabel, die Zugverbindungen aufrechtzuerhalten. Die Züge wurden daher ausrangiert. Durch das Salz und den starken Wind verrosteten die Stahlriesen mit der Zeit. Heute kann man sich die Überreste dieser Züge anschauen.
Direkt in der Nähe befindet sich noch eine künstlerische Ausstellung, bei der Altmetall für den Aufbau von Kunstwerken z.B. eine Giraffe oder ein Krokodil verwendet wurde. Nach der Besichtigung fuhren wir ein letztes Mal zum Mittagessen. Wir mussten uns noch einmal im Office registrieren und wurden dann von Jugo zu unserem Hostel gebracht, wo wir uns herzlich verabschiedeten. Hinter uns liegen drei wunderbare Tage, die wir so nie vergessen werden.