Wanderung zum Maragua-Krater
Die Cordillera de los Frailes ist ein Gebirgszug in den zentralen bolivianischen Anden. Von der Hauptstadt Sucre aus haben wir eine viertägige Wanderung durch eine spektakuläre und abwechslungsreiche Naturlandschaft gemacht. Wir gingen auf alten Wegen der Inkas entlang an mystischen Felszeichnungen, folgten Spuren von Dinosauriern und schliefen in der Mitte eines inaktiven Vulkankraters. Dieses Mal haben wir die Wanderung mit einem Guide gemacht, da wir in das Leben der Quechua Bevölkerung eintauchen wollten. Wir haben durch unseren Guide viel über die Natur und die Geschichte der Menschen erfahren.
Tag 1 – Incamachay-Felsmalereien
Mit unseren vollgepackten Rucksäcken gingen wir zum Office des Tourenanbieters und trafen uns dort um 7 Uhr mit Dinelsa, unserem Guide für die nächsten 4 Tage. Wir ließen unsere kleinen Rucksäcke mit allen nicht benötigten Sachen im Office und packten Essen, welches Dinelsa für die nächsten Tage gekauft hatte, in unsere großen Rucksäcke. Normalerweise versuchen wir so leicht wie möglich wandern zu gehen, aber Dinelsa war einer anderen Meinung und hatte Unmengen an Tupperdosen, Gemüse, Obst, sogar eine Packung Mehl und Massen an Gewürze sowie Dosen mit Mais etc. dabei. Da konnten wir also ordentlich Gewicht schleppen.
Wir 3 stiegen in einen Jeep ein und fuhren 1,5 Stunden in Richtung Westen zur Cordillera de los Frailes. Nach einem süßen Frühstück mit einem Geburtstagskuchen für Attila starteten wir um 9 Uhr unsere Wanderung. Bereits zu Beginn haben wir einen ersten Ausblick auf den Vulkankrater Maragua, den wir morgen besichtigen werden, gehabt. Der Krater ist gräulich-grün mit markanten Wellen, die durch die einstige dickflüssige Lava erzeugt wurden.
Entlang von bizarren, grauen Felsen des Chataquila-Gebirges gingen wir eine Treppe aus großen Steinplatten hinab, die einst von den Inkas errichtet wurde und noch heute in einem sehr guten Zustand ist. Die Platten stammen aus den umliegenden Felsen, denn diese bestehen aus vielen gerade verlaufenden Schichten, die in jegliche Himmelsrichtung steil hinausragten. Der Weg war bewachsen mit gelblichen Gräsern, blühenden Sträuchern und vereinzelt auftretenden kleingewachsenen, dornigen Bäumen. Stellenweise waren die Bäume bereits tot und zeugten damit von einer starken Trockenheit in dieser Region.
Die Regenzeit ist im Januar und Februar, wo es zu starken Regenfällen kommen kann, die die Flüsse zu reißenden Giganten macht. Die restliche Zeit des Jahres ist hingegen trocken mit maximalen Temperaturen von 25°C. Und obwohl wir uns auf über 3000 Höhenmetern befinden, gibt es in dieser Region keinen Schnee, denn die Temperaturen fallen selten unter 10°C.
Bis zur Mittagszeit folgten wir der Steintreppe und machten währenddessen immer wieder kleine Stopps, um die Aussicht auf die purpurrote Cordillera de los Frailes genießen zu können. Nach etwa 9 km endete die Treppe in Incamachay, einem großen Felsüberhang mit Höhlenmalereien, die noch aus der präkolonialen Zeit stammen. Die eindeutige zeitliche Zuordnung der roten und weißen Zeichnungen ist aber noch ungewiss. Wir machten an diesem mystischen Ort eine Essenspause, die aus Tomatensalat mit Käse, verschiedenen Gemüse, Brötchen und Eiern bestand. Als Dinelsa uns erzählte, dass sie die Eier ganze 30 Minuten gekocht hat, sind wir echt vom Glauben abgefallen und mussten ewig darüber lachen. Als wir ihr erzählten, dass wir in Europa die Eier unter 10 Minuten kochen, konnte sie es ebenfalls nicht glauben.
Gut genährt packten wir unsere Rucksäcke und entdeckten dabei die lila blühende Pflanze Tumbo, auch Bananenmaracuja genannt. Diese Frucht haben wir vor kurzem erst probiert und erinnerte uns geschmacklich an eine Mischung aus Johannisbeere und Maracuja.
Wir folgten weiter der Steintreppe, die bergab in eine Schlucht hinein verlief. In allen Himmelsrichtungen um uns herum ragten die Felsen steil empor. Ein Felsen direkt vor uns sah witzigerweise jedoch wie ein Drachen- oder Schlangenkopf aus. Je weiter wir bergab gingen, desto mehr frisch gepflanzte Pinien- und Eukalyptus- Bäume tauchten auf, zeitgleich wurde der Weg immer flacher und ging allmählich in einen rotbraunen, sandigen Weg über.
Am Ende der Schlucht passierten wir umgeben von Eukalyptusbäumen einen kleinen, durch Sonnenstrahlen glänzenden Bach und erreichten dann kurze Zeit später einen Aussichtspunkt, der uns einen Einblick in unser nächstes Tal, das Tal des Rio de Chaunaca, gab. Ebenfalls hatten wir von hier aus die Sicht auf die Ortschaft Tumpeca. Wir gingen weiter bergab, denn wir mussten den Fluss kreuzen, um zur Straße zu gelangen, die uns nach Chaunaca führte, wo wir die Nacht schlafen werden.
Mittlerweile war es nachmittags und die Sonne stand hoch über uns und erwärmte die Luft um uns extremst, was uns sehr zu schaffen machte. Wir mussten uns mehrmals stark eincremen, realisierten dann aber bald, dass die Sonnenstrahlen zu stark waren und wir uns daher etwas langes anziehen mussten. Auf dem Weg zum Rio de Chaunaca gingen wir an einem Grundstück vorbei, das bewässert wurde. Dinelsa erzählte uns, dass sie dies noch nie erlebt hat und auch sie von Jahr zu Jahr immer mehr den Klimawandel merkt.
Den Fluss überquerten wir mittels einer schaukelnden Hängebrücke, die auf der anderen Flussseite einfach auf einem gepflügten Acker endete. Wir folgten einem schmalen Pfad, der entlang von Pfefferbäumen führte. Die Schalen der Pflanzen waren teilweise noch grün, färbten sich aber langsam rosa. Wenn sich alle Körner tiefrosa färben, ist der Rosenpfeffer reif und kann geerntet werden. Danach werden sie in der Sonne getrocknet und in Salzlake eingeweicht. Die so gewonnenen Rosenpfefferkörner werden hauptsächlich zur Dekoration von Speisen genutzt: Die getrockneten Körner werden mit anderen Pfeffersorten gemischt und in einer durchsichtigen Pfeffermühle als Dekoration verwendet. Er sollte nicht als Gewürz anstelle von schwarzem Pfeffer verwendet werden, da sein Geschmack sehr schwach ist und beim übermäßigen Verzehr zu Atembeschwerden, Übelkeit und Erbrechen führen kann. Sie sind also nicht mit dem beliebten Gewürz, dem schwarzen Pfeffer, zu verwechseln, welcher die Frucht einer indischen Kletterpflanze ist.
Der Trampelpfad endete auf einer ausgebauten, roten Sandstraße, der wir weitere 4 km bis nach Chaunaca entlang des gleichnamigen Flusses folgten. Nur 500 m entfernt von Chaunaca ragte vor uns eine unfassbar steile Wand mit senkrechten weißen Schichten auf. Die Schichten waren hart, wohingegen die roten Stellen bei einer kurzen Berührung bereits abbröselten. Wir fragten uns, wie diese bei Regen halten sollen?
Kurz vor dem Sonnenuntergang erreichten wir die kleine Ortschaft Chaunaca, wo wir von bellenden Hunden begrüßt wurden. Unsere Unterkunft lag direkt an der Kirche und bestand aus geweißter Adobe und einem Strohdach. Das Haus gehört der Gemeinde und enthält 8 Schlafplätze.
Nachdem wir unsere Sachen ausgepackt haben, besuchten wir die mit stolzen 107 Jahren älteste Bewohnerin des Ortes. Dieses außergewöhnliche Alter lockte sogar die New York Times nach Chaunaca. Die Dame ist eine anerkannte Heilerin in der Cordillera de los Frailes. Erkrankte begeben sich stunden- teilweise sogar tagelang auf den Weg, um sich von ihr heilen zu lassen. Zusätzlich ist sie Besitzerin eines kleinen Lebensmittelladen und daher noch richtig pfiffig im Kopf. Kurzerhand rechnete sie das Geld unseres Einkaufes ohne Mühe zusammen.
Wir machten noch ein paar Fotos mit ihr und gingen dann wieder zu unserem Haus zurück, wo wir ein Bierchen auf Attilas Geburtstag, bei herrlichem Ausblick auf die Berge und das Tal, tranken.
Tag 2 – Maragua-Krater
Wir starteten unsere Wanderung vor dem Sonnenaufgang bei angenehmen milden Temperaturen. Heute lag mit 11 km nur ein kurzer Wandertag vor uns, der die gesamte Strecke über auf der ausgebauten Straße zwischen Maragua und Chaunaca verlief. Zwischen diesen beiden Ortschaften gibt es keine Busverbindung. Um in Sucre einkaufen zu gehen oder um dort Lebensmittel, Blumen, Strickwaren etc. zu verkaufen, gehen die Menschen aus Maragua einmal pro Woche die 11 km nach Chaunaca und nehmen dann den Bus nach Sucre. Die Fahrt dorthin dauert 2 Stunden. Nachdem sie ihre Erledigungen gemacht haben, fahren und gehen sie wieder zurück nach Maragua. Für uns Europäer ist dies unvorstellbar. Wie oft wird bereits für die kleinsten Strecken wie z.B. zum Bäcker traurigerweise bereits das Auto verwendet?
Zunächst ging der Weg bergab zum Rio de Chaunaca, den wir über eine Autobrücke querten. Der Fluss war nur wenig mit Wasser gefüllt und wirkte durch die Sonneneinstrahlung schwarz. Anhand des Flussbettes sahen wir aber, welche Wassermassen im Januar und Februar hier entlang fließen müssen.
Die Sonne ist mittlerweile über den roten, zinkhaltigen Bergen aufgegangen. Wie viele Teile Boliviens ist auch diese Region reich an Elementen. So sahen wir ebenfalls magnesium- und siliziumhaltige Gesteine oder ab und an auch Stellen, wo Kupfer abgebaut wurde.
Die Natur änderte sich. Die roten Berge waren mit Büschen und vereinzelten Bäumen bewachsen, sodass die Landschaft in ein zartes Grün überging. Die Straße verlief kontinuierlich bergauf, sodass wir immer mehr an Höhe gewannen und uns damit zeitgleich vom Fluss entfernten. Aus der Ferne sahen wir am Fluss ein Elektrizitätswerk, welches aus Wasser Strom erzeugte, welcher an die Dörfer in der Region verteilt wird.
Die Hügel auf der gegenüberliegenden Seite waren die Ausläufer eines Berges und sahen witzigerweise zum Teil wie grün bewachsene Pyramiden aus. Bei genauerem Hinschauen entdeckten wir ein Aquädukt, welches Wasser von Chaunaca nach Sucre dem freien Gefälle folgend transportierte.
Die Straße bog in das Tal eines Nebenflusses des Rio de Chaunaca ab, der komplett ausgetrocknet war. Von hier aus hatten wir einen atemberaubenden Blick auf den gräulich-grünen Krater Maragua, den wir bereits gestern vom Startpunkt aus gesehen haben. Die Hänge in diesem Tal sind weit hinauf bewirtschaftet. Vor kurzem war die Getreide- und Maisernte, sodass wir auf einigen Äckern nur noch die übrig gebliebenen Stoppel sahen. Der Mais wurde entweder auf Bäumen oder auf Hausdächern in der Sonne getrocknet.
Einige Familien waren gerade dabei mit Rindern oder wohlhabende Familien mit Treckern die Acker zu pflügen, um anschließend Kartoffeln pflanzen zu können. Generell haben wir fast nur Bullen gesehen, die besser für die harte Arbeit geeignet sind. Kühe gab es nur sehr vereinzelt, denn es wird keine Milch hier konsumiert. Auch Käse ist eher unüblich und wird wenn in Sucre gekauft.
Wir gingen an einem Haus vorbei, wo eine Frau gewebte Stoffe verkaufte. Sie zeigte uns ihre Exemplare, die mit unterschiedlichen Farben und Muster verziert waren. Jedes einzelne Muster hat eine Bedeutung z.B. der Frosch steht für Glück. Katja kaufte sich ein pink-schwarzes Armband mit dem Symbol der Strahlen der Sternen. Die Farben werden durch Pflanzen erzeugt, das Pink z.B. aus einer zerkleinerten, pink blühenden Pflanze.
Die Straße verlief weiter in den Krater hinein. Wir konnten von hier aus die Ortschaft Maragua sehen, die im flachen Tal des Kraters lag. Dieser umzingelte das Tal mit einer wellenförmigen Optik. Dinelsa erzählte uns, dass ursprünglich gedacht wurde, dass dieser Krater durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist, heute weiß man aber, dass dieser vulkanischen Ursprungs ist.
Wir erreichten zur Mittagszeit unsere Unterkunft, wo wir zunächst eine Mittagspause machten. Im Anschluss gingen wir zur Quebrada del Diablo, einer atemberaubenden Schlucht mit einem 60 m tiefen Wasserfall. Zu dieser trockenen Jahreszeit war der Fluss und damit auch der Wasserfall jedoch ziemlich schmal. Wir gingen entlang der Schlucht und sahen auf der gegenüberliegenden Seite eine schräg ansteigende Felsenwand, die aus vielen Gesteinsschichten bestand. Der Weg führte hinab Richtung Wasserfall und endete an einer kleinen Höhle, in die wir hineinkrabbeln konnten. Die Decke der Höhle war voller herabhängender, aus Stein bestehender Stalaktiten, die durch die Regenereignisse entstanden sind. Ein Stalaktit sah aus wie ein Gaumen, wodurch sich der Name Quebrada ableiten lässt. Es wird gesagt, dass die Höhle der Mund des Teufels ist.
Beeindruckt von diesem Naturschauspiel gingen wir weiter zum Museum für indigene Kunst. Dabei trafen wir am Fluss auf Frauen, die gerade die frisch geschorene Schafswolle im Fluss gewaschen haben, während die Kinder im Wasser spielten. Der Boden des Flusses war aus festem Gestein und sah aus wie gepflastert. Wir kamen vorbei an langen Häusern. Dinelsa zeigte uns, dass dies Gewächshäuser für Blumen waren. Die Frauen gehen mit den frisch geschnittenen Blumen nach Sucre und verkaufen diese am Hauptfriedhof. Als wir diesen besucht hatten, haben wir die Frauen dort auf der Straße mit einer großen Vielzahl an bunten Blumen gesehen.
Auf dem Weg zum Museum sahen wir viele Steinhaufen. Die einen waren aus einem harten Gestein herausgeschnittene graue Blöcke und die anderen bestanden aus rotbrauner Adobe. Beide Gesteinsformen werden in Maragua für den Bau der Häuser verwendet.
Das Museum für indigene Kunst wird privat betrieben und besteht aus einer Sammlung von Fossilien aus Muscheln und Dinosaurierknochen, bemalten Tontöpfen und Speerspitzen aus der Zeit der Inkas, Webutensilien und Musikinstrumenten. Der Besitzer selbst ist Musiker und hat uns eingeführt in die Musik der Quechua Bevölkerung. Vor allem am Karneval im Februar tritt er mit seinen Freunden auf. Aber auch in Maragua ist er oft abends zu treffen.
Zurück in der Unterkunft kaufte Attila noch einen Weinschnaps, auch als Singani bezeichnet. Singani ist der Hausschnaps Boliviens. Dieser ähnelt geschmacklich sehr dem Pisco, dem Nationalgetränk in Peru und Chile. Wir tranken Singali während hinter dem Vulkankrater die Sonne allmählich unterging.
Zeitgleich mit uns schlief noch ein französisches Pärchen mit ihrem Guide in der Unterkunft. Unsere beiden Guides entschlossen sich dazu, zusammen das Abendessen zu kochen, sodass wir alle zusammen essen konnten und den Abend bei bester Unterhaltung ausklingen lassen konnten.
Tag 3 – Niñu Mayu – Dinosaurier-Fußabdrücke
Heute sind wir den längsten Weg gewandert. Zusammen mit den Franzosen und ihrem Guide verließen wir weit vor dem Sonnenaufgang den Vulkankrater, indem wir die Straße immer bergauf folgten. Der Wind war heute Morgen extrem und kühlte uns regelrecht aus. Wir merkten richtig, wie der Wind über den Vulkankraterrand in das Tal hineinzog. Auf den Steinen, die wir unterwegs sahen, waren Abdrücke von Pflanzen zu erkennen.
Nach etwa einer Stunde erreichten wir den Rand des Vulkankraters. Von hier aus hatten wir noch einmal einen wunderschönen Blick auf das gesamte noch schlafende Tal. Wir folgten der Straße weiter und trafen unterwegs auf Schulkinder. Die Kinder kommen aus den umliegenden Dörfern zu Fuß oder auch mit dem Bus nach Maragua, wo sie die ganze Woche über in einem Internat bleiben. Am Wochenende gehen sie wieder zurück zu ihren Familien.
An einem Informationsschild über die Gegend gingen wir zu einem kleinen Pfad, der kontinuierlich bergab ging. Um uns herum waren hohe Berge, die den Wind besänftigten. Wir kamen an kleine, verlassene Gebäude vorbei, die noch aus der Präinkakultur stammen.
Bald erreichten wir den Höhepunkt des Tages, die Dinosaurier-Fußabdrücke. Wir hielten an einer schrägen Steilwand, wo die Fußabdrücke deutlich zu sehen waren. Unser Reiseleiter erklärte uns, dass der Vulkan viele Millionen Jahre vor den Dinosauriern ausgebrochen ist und sich der Krater im Laufe der Zeit mit Wasser gefüllt hat. Der so entstandene See lockte die Dinosaurier an, die vor 70-75 Millionen Jahren aus ihm tranken und dabei ihre Fußabdrücke im schlammigen Boden hinterließen. Durch jahrelange intensive Sonneneinstrahlung verhärtete sich der Schlamm zu Gestein. Durch Plattentektonik haben sich über Millionen von Jahren die Gesteine verschoben, sodass der damalige Boden heute eine schräge Wand ist. Diese Wand ist über die Zeit mit Boden und Pflanzen zugewachsen. Ein starkes Regenereignis Ende der 1980iger Jahren sorgte für einen Erdrutsch an dieser Stelle, sodass die Fußspuren sichtbar wurden. Man fand zudem viele Fossilien an Muscheln, aber keine Dinosaurierknochen, da der Boden zu mineralhaltig ist. In Sucre hingegen wurden einige Dinosaurierskelette gefunden, die sogar bis zu 100 Mio. Jahre alt sind. Mit dem Wachstum der Stadt wurden jedoch viele archäologische Fundstellen durch den Bau neuer Häuser zerstört.
Im Jahr 2016 wurde auf der anderen Seite des Vulkans in Humaca der bisher größte bekannte Dinosaurierfußabdruck in Südamerika entdeckt, der 115 cm lang ist. Der größte der Welt befindet sich in Australien und ist 175 cm lang. Laut unserem Reiseleiter ist das Gebiet voller unentdeckter archäologischer Schätze, so dass man sich jederzeit auf eine Suchtour begeben kann, wenn man Lust dazu hat. Unter den umliegenden Büschen könnten sogar noch größere Spuren als das australische Exemplar lauern.
An dieser historischen Stelle machten wir eine kurze Pause und nutzten die Zeit, um uns die verschiedenen Fußspuren genauer anzusehen. Einfach nur faszinierend, vor allem, wenn man weiß, wie alt diese Abdrücke sind und, wenn man darüber nachdenkt, dass man schon von klein auf mit dem Thema Dinosaurier aufgewachsen ist, man hatte Bücher und Spiele. Es kam einem immer so fern vor und nun steht man hier mit seinem Fuß in einem echten, riesigen Dinosaurier-Fußabdruck. Unglaubliches Gefühl.
Wir verabschiedeten uns von den Franzosen, denn die beiden hatten nur eine zweitägige Tour gebucht und mussten deswegen heute um 15 Uhr noch den Bus zurück nach Sucre nehmen. Sie gingen daher auf direktem Weg nach Potolo. Wir hingegen nahmen den längeren Weg, wo wir noch einmal einen atemberaubenden Panoramablick auf die purpurrote Cordillera de los Frailes hatten.
Zur Mittagszeit erreichten wir total überhitzt eine kleine Ortschaft, wo wir im kühlen Schatten eines Hauses unsere Tacos mit Sojageschnetzeltem und Gemüse aßen. Nach dem Mittag packten wir unsere Sachen und zogen weiter. Auch der bunt gefleckte, süße Hund, der uns bereits von unserer Unterkunft in Maragua begleitete, ging mit uns weiter.
Als wir aus der Ortschaft gegangen sind, liefen wir an Bauarbeiter vorbei, die in der knalligen Sonne eine Stützwand für die Straßenkurve gebaut haben. Dinsela hat ihnen ihr zuckerhaltiges Getränk, ähnlich zu Cola, und Coca-Blätter gegeben, worüber sie sich gefreut haben. Nur kurze Zeit später bellten uns aus der Ferne zwei Hütehunde an, die gerade eine Schafherde die Berge hinunter trieben und dabei die Straße querten. Eine ältere Dame rannte in ihren Sandalen und ihrem traditionellen Gewand hinter den Schafen den Berg ohne jeglichen Weg hinab. Wir glaubten unseren Augen nicht, wie schnell und agil diese Frau unterwegs war.
Wir folgten der Straße immer weiter bergab bis wir um 16 Uhr unsere Unterkunft in Potolo erreichten. Wir schliefen heute wieder in den Häusern der Gemeinde. Nach einer erfrischenden Dusche tranken wir draußen im Schatten der Bäume erstmal ein kühles Bier, das wir kurz vorher bei einer älteren Dame in unserer Straße gekauft haben. Unser Doggi hat auf dem Markt, mit den vielen anderen Hunden, den Anschluss verpasst. In der Unterkunft haben wir aber bereits den nächsten Hund gefunden, der uns treu doof mit seinen großen Kulleraugen und seinem schwarzen Fell anschaute.
Kurz vor dem Sonnenuntergang machten wir noch einen Spaziergang durch Potolo. Fleißig arbeiteten die Männer von jung bis alt auf der Straße. Überall im Dorf wurden gerade breite Bürgersteig gebaut. Dinelsa erzählte uns, dass der Staat nur die Materialien bezahlt, diese hier abliefert und dann die Einwohner zusehen müssen, was damit passiert. Die Männer arbeiteten entspannt im Einklang zusammen und grüßten uns dabei sehr freundlich zu.
Als wir wieder in unserer Unterkunft ankamen, wollte ich noch fix aus dem Zimmer einen Pullover holen, damit wir im Nebengebäude zusammen Abendessen kochen können. Und dann direkt als ich im Zimmer ankam, spürte ich sie, wie sie wohl jede Frau auf der Welt sofort spürt. Zwischen unseren beiden Betten, vor der weißen Wand, saß sie da mit ihrem schwarzen, behaarten Körper und ihren langen, dicken Beinen. Eine Spinne, größer als die größte Winkelspinne, die ich je zu Hause gesehen habe. Ich rief nach Attila und Dinelsa, die sich beide ebenfalls bei diesem Anblick erschrocken haben, sodass wir drei um die Wette quiekten. Und dann plötzlich aus dem Nichts heraus stand eine Quechua Frau in der Tür. Verdutzt guckte sie uns an und fragte, was denn los sei. Wir zeigen auf die Spinne und ihre Reaktion war nur: Ach, die ist ja gar nicht so groß. Waaaas, wie bitte? Die ist riesig. Sie erklärte uns, dass die Spinnen häufig vorkommen. Diese kommen über das Strohdach in das Haus. Wir guckten alle drei nach oben und sahen, dass die komplette Decke aus Stroh war. Oh man wie sollen wir denn nur hier schlafen. Dinelsa versuchte krampfhaft mit Attila darüber zu pfeilschen, dass wir Frauen zusammen in einem Raum schlafen, aber es war nichts zu machen. Die Frau meinte, dass wir die Spinne einfach tot machen sollen. Oh je wir guckten uns wieder an, denn keiner konnte sich vorstellen, auch nur auf einem Meter Entfernung an die Spinne zu gehen. Daraufhin verdrehte die Frau ihre Augen, nahm ihren Flipflop und erledigte die Angelegenheit, drehte sich um und ging. Eine Handlung, die wir normalerweise nie unterstützen und immer versuche, das Tier lebendig rauszubringen, aber hier konnten wir es einfach nicht. Naja, da lag sie nun und wir mussten sie nun noch entsorgen, wo doch die Frau nun weg war…
Mit dem großen Schreck gingen wir 3 in die Küche und fingen bei bolivianischer Musik an zu kochen. Auf einmal stand die Frau wieder in unserer Küche, nahm sich die Pfanne und kochte mit uns zusammen. Sie erklärte uns, dass man den Reis in Bolivien erst mit Öl lange anbraten muss, bevor man ihn kocht. Da lag also unser großer Fehler die ganzen Male zuvor. Immer hatten wir klebrigen Brei, der aussah wie Milchreis, nur eben mit Wasser. Wir tranken unseren Singani, quatschten und lachten.
Tag 4 – Tejamayu-Canyon
Trotz des Schreckens am Vorabend konnten wir gut schlafen, da die lange Wanderung, die Hitze und auch der Singani uns ziemlich müde gemacht haben. Normalerweise ist für den 4. Tag nur ein Spaziergang und ein Mittagessen in Potolo geplant. Wir hatten aber richtig Lust darauf weiter zu wandern. Da Dinelsa sich aber mit anderen Touren nicht auskennt, hat sie gestern Abend im Dorf noch herumgefragt und eine Einheimische organisiert, die mit uns zusammen eine Schlucht besucht hat.
Wir starteten den Tag erst gegen 9 Uhr, denn Dinelsa hatte noch traditionelles bolivianisches Frühstück serviert. Dies bestand aus Pastel, einer dünnen, in Öl gebackenen Teigtasche gefüllt mit andinem Käse. Dazu gab es Api, ein heißes, süßes und dickflüssiges Maisgetränk, das zum Frühstück in Bolivien getrunken wird. Es schmeckt im Prinzip wie warmer Saft.
Wir verließen Potolo über die Straße, die Richtung Chaunaca verlief. Chaunaca ist der Ort, wo wir am ersten Tag geschlafen haben. Begleitet wurden wir heute von unserem schwarzen Haushund. Die rotbraune Landschaft um uns herum sah sehr trocken aus. Wir erreichten eine kleine Schlucht, die aussah wie das Valle de Marte. Kleine, rote Hügel ragten aus der Schlucht hinaus. Ein kurzes Stück weiter hatten wir dann einen herrlichen Blick auf Potolo, mit dem roten Tal darum und die grauen Berge dahinter.
Unterwegs blieb unser Guide stehen und unterhielt sich mit einer älteren Frau, die gerade mit zwei Hütehunden und paar Schafen unterwegs war. Wir fragten uns, wo denn diese Damen jetzt überhaupt aus dem Nichts herkam, denn wir befanden uns mittlerweile nicht mehr auf der Straße, sondern weit abseits. Wie sich dann herausstellte, war sie die Oma von unserem Guide gewesen. Das war wirklich ein witziger Zufall, denn die Oma hat ja kein Handy oder Telefon, sodass die Enkelin sich hätte mit ihr absprechen können.
Nur ein kurzes Stück weiter, standen wir dann an einem Abhang mit einem grandiosen Ausblick auf das vor uns liegende Tal und die Schlucht, die wir besuchen werden. Am Rand stehend rätselten wir wieder, wo die Oma denn herkam. Dann ging unser Guide weiter und ein kleiner, extrem steiler Weg am Abhang lag vor uns. Unser Guide in ihren lockeren Sandalen ging flotten Schrittes den Weg hinunter. Etwas peinlich berührt nahmen wir unsere Wanderstöcke aus dem Rucksack, um damit einfach herunterzukommen. Unten auf uns wartend ging unser Guide weiter in die Schlucht hinein.
Mit jedem Meter, den wir weiter in die Schlucht hinein gingen, wurden die Felswände um uns herum immer höher. Nur ein kleiner, schmaler Bach floss durch die mehrere Meter breite Schlucht, die schon ganz andere Wassermassen erlebt haben wird. Wir folgten der beeindruckenden Schlucht immer weiter bis wir an einer steilen Steinkante ankamen, die eigentlich ein Wasserfall ist. Unser Guide mit ihren Sandalen hüpfte direkt von einem Stein zum nächsten und war schneller unten als wir gucken konnten. Sprachlos darüber kletterten wir ebenfalls, aber deutlich uneleganter, die Wand hinunter.
Die Schlucht endete an einem breiten Fluss, der ebenfalls aus einer Schlucht kam. Dieser Fluss fließt weiter nach Chaunaca, wo dieser in den Rio de Chaunaca münden wird. Wir nahmen jedoch die sich oberhalb befindende Brücke und stiegen daher über einen kleinen Weg hinauf. Auf der Brücke war es sehr windig, sodass wir uns beeilen mussten. Dennoch genossen wir die kurze Zeit für einen Blick auf den tief unter uns fließenden, pastellblauen Fluss.
Wir folgten dem kleinen Trampelpfad, der uns aus der Schlucht hinaus führte. Oben angekommen aßen wir 4 und unser Doggi noch zusammen zu Mittag bevor uns einheimischer Guide sich wieder auf den Rückweg begab. Dinelsa hatte indessen für uns einen Bus zurück organisiert, der mit einer anderen Wandergruppe bereits gut gefüllt war. Als dieser anhielt, ging auf einmal alles so schnell. Wir mussten fix einsteigen und fuhren dann auch schon los. Wir konnten uns gar nicht von unserem süßen Doggi und er auch nicht von uns verabschieden. Wir fuhren los und unser Doggi rannte uns hinterher, so lange bis er keine Kraft mehr hatte. Katja nahm es so sehr mit, dass sie direkt weinen musste. Da hat unser Herz und unsere Seele einen großen Riss bekommen…
Der Bus klapperte auf dem sandigen und holprigen Weg. Die Luft im Bus füllte sich mit der Zeit immer mehr mit Staub, sodass wir alle einen Schal oder eine Maske aufsetzen mussten. Wir machten in Chaunaca noch mal einen Stopp, da die Wandergruppe noch eine Mittagspause machen wollte. Da wir bereits gegessen hatten, besuchten wir noch einmal die 107-jährige Heilerin, bevor es dann weiter nach Sucre ging. Vor ihrem Haus entdeckten wir als letztes Highlight dieser Wandertour einen Riesenkolibri, der nach Nahrung suchend eine gelbe Blüte des Blaugrünen Tabaks nach der anderen mit einer bewundernswerten Anmut anflog.