Cerro Cortadera
Früh klingelt der Wecker für unsere erste Wanderung in den Anden. Die Nacht war etwas durchwachsen, da es wieder sehr warm im Zimmer war. Tagsüber sind die Temperaturen in Santiago aktuell weit über 30 °C und auch nachts sind sie immer noch so hoch, dass man keine Decke brauch und am liebsten die Klimaanlage anstellen würde. Also die beste Zeit um sich Gedanken über die Tour zu machen. Gerade Katja ist seit gestern Abend sehr aufgeregt, da wir bisher noch keine Erfahrung mit den Wanderwegen in den Anden sammeln konnten. So kommen immer wieder Fragen auf: Wird es steil sein? Wird es durch die Trockenheit sehr sandig und rutschig sein? Wird es sehr heiß werden? Wie viel Wasser brauchen wir? Sind wir fit genug, um mit den Mitgliedern des DAVs mithalten zu können? Gedanken über Gedanken.
Normalerweise gehen wir alleine oder mit Freunden wandern. Dieses Mal, für unsere erste Wanderung, haben wir uns entschlossen, dass wir uns gern einer Gruppe anschließen möchten. Aus diesem Grund hat Attila im Internet recherchiert und den Deutschen Andenverein (DAV) gefunden. Diese unternehmen immer wieder an Wochenenden Tagestouren. Für dieses Wochenende haben Sie sich für eine Wanderung auf den Cerro Cortadera entschieden, der nordöstlich von Santiago liegt und mit dem Auto in 45 Minuten erreicht werden kann.
Um 8 Uhr haben wir uns mit den Mitgliedern des DAVs direkt vor der Zentrale getroffen. Aufgeteilt auf 2 Autos fuhren wir nordöstlich aus Santiago auf der Straße G-21 Richtung der Kupfermine Los Bronces. In den Anden gibt es ein großes Vorkommen an Kupfer, wodurch es viele Minen gerade auch in Chile gibt. Während der Fahrt durch das Tal ragten links und rechts mehrere meterhohe Kakteen auf. Eine Augenweide für die kakteenliebende Katja, die bereits mit dem Gesicht und einem offenen Mund dicht am Fenster hing. Nach etwa 45 Minuten endet die Fahrt an einem kleinen Parkplatz vor der Schranke der Kupfermine, die einem den Zugang zu dem dahinter liegenden Gebirgstal und den dazu gehörigen Gipfeln versperrt. Wir steigen alle an dem kleinen Parkplatz aus, ziehen unsere Wanderschuhe an und gehen noch bei recht milden Temperaturen im Schatten der gegenüberliegenden Berge um 9 Uhr los.
Direkt zu Beginn ging es bereits steil bergauf. Wie auch sonst, dachten wir uns, denn immerhin lagen 1200 Höhenmeter bei gerade mal 6 km vor uns. Die Mitglieder des DAVs nahmen es locker und starteten direkt mit einem guten Tempo. Bereits nach wenigen Höhenmetern machten wir schnaufend eine kurze Pause und beobachteten wie die Sonne langsam über den gegenüberliegenden Bergen aufging und die ersten Strahlen auf unseren Wanderweg fielen. Innerhalb kürzester Zeit war es knacke heiß, sodass man direkt anfing zu schwitzen.
Zunächst noch an etwas größerem Gestrüpp vorbei, änderte sich die Vegetation schleichend, sodass immer mehr kleinere Sträucher mit immer mehr Dornen zu sehen waren. Je höher wir gingen, desto kleiner und dorniger wurden die Pflanzen. Nach 500 Höhenmetern machten wir unsere erste Pause. Eigentlich nutzen wir für die Pausen immer unsere Sitzkissen, aber da es nur eine kurze Pause werden sollte, setzten wir uns einfach direkt auf die Steine. Blöd nur, wenn man nicht genau hinschaut und man einen kleinen dornigen Ast einer direkt hinter dem Stein befindenden Pflanze nicht sieht, die minimal auf den Stein ragt und man sich schön mit seinen Popo genau da drauf setzt. Schreiend aufspringend versuchte Katja sich dann die Dornen aus der Hose und dem Po zu ziehen, währenddessen Attila herzlich am Lachen war. So wurde aus einer kurzen Entspannungspause dann eine kleine „Notverarztung“.
Es ging also (für Katja mit Poschmerzen) weiter bergauf. Die Vegetation ging komplett über zu sandig und steinig. Kleine Pflanzen waren nur noch vereinzelt zu sehen. Nach 4 Stunden haben wir dann glücklich den steinigen Gipfel des Cerro Cortadera erreicht. Die chilenische Flagge wehte im leichten Wind, währenddessen die Sonne unermüdlich auf uns herunter prallte. Wir mussten uns sehr oft und stark mit Sonnencreme einreiben, da wir ansonsten vollkommen verbrannt wären. Der beste Begleiter ist hier der Sonnenhut.
Vom Gipfel aus hatten wir einen 360° Rundumblick. Santiago ist nur zu erahnen, da die Stadt unter einer weißen Wolke sich befindet. Die Einheimischen betiteln es als Smog-Wolke, die stets über Santiago hängt. Zur anderen Richtung befinden sich die zentralen chilenischen Anden von der Plomo-Gruppe bis zum Marmolejo-Hügel. Sehr gut zu erkennen ist der mit gletscherbehangene Cerro El Plomo, der höchste Berg in der Nähe von Santiago.
Wir machten Gruppenfotos, aßen unsere Lunchpakete und redeten über die Berge und die Gletscher und welche Zukunft diese haben könnten. Nach einer Stunde Pause packten wir unsere Sachen und gingen wieder den steilen Berg hinunter. Durch die Trockenheit war der Boden sehr sandig und rutschig, sodass man sich gut konzentrieren musste. Der Weg wich etwas von dem Weg bergauf ab, da dieser für das Heruntergehen zu steil gewesen wäre. Nach 2 Stunden des bergab Gehens erreichten wir wieder unsere Autos. Es war immer noch unerträglich warm, sodass wir uns entschieden zum Abschluss noch etwas kühles Trinken zu gehen.